Ich bin gerade auf Rügen, weil ich am Freitag eine Hochzeit im Schloss Ralswiek fotografiere. Diese Insel ist einer meiner Lieblingsorte, wahrscheinlich auch, weil sie ein großer Bestandteil meiner Jugend ist. Am Mittwoch hatte ich ein Probeshooting mir meinem Paar und danach war ich aber nicht so ganz zufrieden mit der Location. Gerade hatte ich ja eine Hochzeit im Schloss Schwerin, mit einer atemberaubenden Kulisse, das Schloss Ralswiek hingegen ist zwar sehr schön, hat aber so gut wie keinen Garten und wir mussten uns etwas einfallen lassen. Da ich aber immernoch nicht 100% zufrieden war, zog ich nach dem Shooting mit dem Auto los, Google Maps nach ner Straße abgesucht, die in der Nähe zum Wasser führt und ein kleines Örtchen gefunden, das mir sehr geeignet schien! Das hier habe ich gefunden:
Heute dann, habe ich mich mir einem Freund auf den Weg zu einer kleinen Entdeckungstour gemacht. Wir hatten kein genaues Ziel, erstmal Frühstück und dann mal gucken.
Mir fiel aber ein, dass ich vor knapp 10 Jahren mal eine Verabredung in Sassnitz hatte. Das Mädel kam von dort und wollte mich scheinbar mir ihrem schönen Ort beeindrucken. Sie zeigte mir damals umgefallene Mauern an der Küste in Hafennähe und erzählte mir damals, dass die von einem Führer erbaut wurden (ich will den Namen in meinem Blog nicht schreiben, Google finde alles, aber das Arschloch kenn ja jeder).
Auf jeden Fall wollte ich mir das gern nocheinmal ansehen und wir machten uns auf die Suche. Recht schnell kamen wir zu Mauern, die wohl etwas mit dem zu tun hatten, was ich damals gezeigt bekam, aber die sahen nicht aus, wie das, was ich sah. Ich kletterte damals auf quadratischen Steinen, die extra dafür hergestellt worden sein mussten.
Okay, der Ehrgeiz war herausgekommen, wir kletterten über viele Steine, waren beeindruckt von der Kulisse und genossen die Eindrücke. Mein Freund sag aber dann ein Treppe, die den Berg hinauf führte. Oben konnte man ein Gebilde sehen, das wollten wie uns näher ansehen, also ab in den Wald und hoch den Berg.
Oben abgekommen, war nichts zu finden, nur etwas altes Metall von irgendeiner Konstruktion.
Aber nun waren wir ja oben und dort gab es eine Pfad, dem wir folgten. Wir wurde belohnt, eine wunderbare Waldkulisse, ein toller Blick aufs Wasser, und das ein oder andere Tierchen kreuzte auch unseren Weg.
Dann gab es immer mal wieder kleine Schächte und Konstruktionen, die einige Fragen aufwarfen.
Und Plötzlich, direkt hinter uns im Wald, ein Haus, ein verlassenes Haus. Genauer betrachtet ein sehr schönes Haus, Kalksandstein, oder war es doch nur Fake? Wir gingen näher und begutachteten dieses wunderschöne Gebäude und mussten feststellen, dass es echter Kalksandstein war. Das bedeutete es war alt, so 18hundertirgendwas dachte ich.
Ich wollte gar nicht glauben, dass solche ein Gebäude verfällt, und hätte am Liebsten gleich mit dem Wiederaufbau begonnen. Aber das war nur der erste Eindruck einer sehr traurigen Geschichte.
Wir waren angefixt und wollte mehr wissen. Kein Empfang, scheiße! Hinter dem Gebäude sahen wir dann alte DDR Gebäude, NVA oder sowas, Schornstein, Schleppdach und eine Kaserne oder etwas in der Art. Wir schauten rein, aber irgendwie faszinierte mich diesen uralte Gebäude, was war es? Und warum stand es hier so völlig heruntergekommen und niemanden scheint das zu stören?
Nun gut, wir wollten ja diese Mauer finden, die ich im Kopf hatte und gingen wieder Richtung Steilküste, um dem Pfad zu folgen. Allerdings standen wir plötzlich vor einem anderen Gebäude, oder zumindest einem Teil davon, mit Säulen, Verzierungen und in den Sandstein eingeritzte Verewigungen, die bis 1952 zurück reichten.
Okay, wir wussten, dass hier etwas war, wovon wir unbedingt mehr wissen wollten.
Wir zogen weiter und stiegen wieder runter ans Wasser, dort sahen wir auch schon in der Ferne diese Mauern, die ich in Erinnerung hatte. Angekommen hatte ich mein Déjà vu und war beruhigt, dass ich genau das Bild in meinem Kopf wiederentdeckte. Ein Angler erzählte uns, dass das keine Mauern von H. erbaut (hatte sie mir wohl was Falsches erzählt) waren, sondern eine Promenade zum Schloss!
Schloss??? Das Gebäude da oben? Hm…das war doch eher ein Gutshaus, so von der Größe her.
Okay, wir waren schon lange unterwegs, machten uns auf den Rückweg. Wir kletterten wieder zum „Schloss“ hoch, weil der Weg am Strand voller Steine war, dort hätten wir ewig gebraucht und uns vielleicht noch was gebrochen. Mein Freund hatte das nicht so drauf mit klettern ;)
Oben dann sagen wir wieder diese Säulen, aber an einer ganz anderen Stelle. Und spiegelverkehrt. Dann gingen wir auch dort hin und stellten fest, dass diese beiden Gebäudeteile in einer Linie waren, es musste etwas langes gewesen sein, da waren nämlich bestimmt so 70/80 Meter dazwischen.
Okay, wir gaben auf und gingen zurück, noch ein paar Bilder von der schönen Waldkulisse und schnell zurück ins Auto, das Handy aus der Tasche und Google gefragt!
Ergebnis: Es stand dort mal ein Schloss! „Schloss Dwasieden“
1873-1877 erbaut, für 4 Millionen Mark, sagt Wikipedia, eine damals enorme Summe!
Es wurde ca. 1930 vom Erben an die Stadt Sassnitz verkauft und 1948 von den Russen gesprengt.
http://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Dwasieden
Welch traurige Geschichte. Eine Erlass, ( http://de.wikipedia.org/wiki/SMAD-Befehl_Nr._209 ) der sehr sehr viele Gutsbesitzer enteignete und dem sehr viele Schlösser zum Opfer fielen. Und ich höre heute zum ersten Mal davon. Ein sehr trauriges Kapitel unserer Geschichte, gerade weil Geschichte damit zerstört wurde. Das Gebäude, was noch zu erkennen ist, ist nur der Marstall, der neben dem eigentlichen Schloss stand
Ein Gebäude, das erstrahlte, jetzt sind die Überreste kaum noch zu finden. Ich kann gar nicht sagen, wie traurig mich das macht, aber auch wie froh ich bin, dass ich diese Entdeckung heute gemacht habe, um sie mit euch zu teilen.
Wir führen danach noch über eine tolle Brücke und machten kurz Halt für ein paar weitere Fotos, dann ging es ab nach Hause.
Ein beeindruckender Tag, mit einer leider sehr traurigen Geschichte, aber die Bilder gefallen wir und deshalb habe ich sie euch gezeigt :)